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Lexicon musicum Latinum medii aevi (LmL)

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Forschungsprojekt von 1960 bis 2016

Das Lexicon musicum Latinum medii aevi (LmL) hatte die Erfassung und Erforschung der lateinischen musikalischen Fachsprache des Mittelalters zum Ziel. Die Notwendigkeit einer umfassenden Behandlung dieses Bereichs ergab sich vor allem daraus, dass sachliche Aspekte von den allgemeinen Wörterbüchern nicht in dem von Fachwissenschaftlern gewünschten Maße berücksichtigt werden können. Zudem reicht der Zeitraum, den diese Wörterbücher abdecken, meist nur bis zum 13. Jahrhundert.

Das LmL wurde 1960 an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften auf Anregung des Münchner Musikwissenschaftlers Thrasybulos Georgiades und des Heidelberger Mittellateiners Walther Bulst begründet. Zunächst als Gemeinschaftsunternehmen der Bayerischen und der Heidelberger Akademie geplant, wurde die Arbeitsstelle in München eingerichtet. Dort waren durch die räumliche Nachbarschaft zum Thesaurus linguae Latinae und zum Mittellateinischen Wörterbuch die denkbar günstigsten Bedingungen gegeben. Die Heidelberger Akademie war jedoch bald gezwungen ihre Mitarbeit aufzugeben, da weder personelle noch finanzielle Hilfe zur Verfügung gestellt werden konnte.

Ernst Ludwig Waeltner und Hans Schmid

Mit der Projektierung des Lexicon musicum Latinum waren Ernst Ludwig Waeltner und Hans Schmid betraut, die in zwei Aufsätzen das Unternehmen vorstellten und seine Möglichkeiten und Aufgaben beschrieben.

  • Hans Schmid: Plan und Durchführung des „Lexicon Musicum Latinum” I: Erfassung und Erforschung der musikalischen Fachsprache des MA. In: GfMKB Kassel 1962, Kassel usw. 1963, S. 349–350
  • Ernst Ludwig Waeltner: Plan und Durchführung des „Lexicon Musicum Latinum” II: Archivaufbau mit Hilfe maschineller Datenverarbeitung. In: GfMKB Kassel 1962, Kassel usw. 1963, S. 351–352
  • Hans Schmid / Ernst Ludwig Waeltner: „Lexicon Musicum Latinum”. Ein Unternehmen zur Erforschung der musikalischen Fachsprache des Mittelalters. In: Organicae Voces, FS Joseph Smits van Waesberghe zum 60. Geburtstag, Amsterdam 1963, S. 145–148

Der Aufbau des Datenarchivs lag schließlich allein in den Händen von Ernst Ludwig Waeltner, der das LmL fünfzehn Jahre hindurch leitete. Waeltner hatte weitblickend die Möglichkeiten des Computers vorausgesehen und das LmL von vornherein auf die konsequente Nutzung elektronischer Datenverarbeitung angelegt. Ein derartiges Vorgehen war zu dieser Zeit für die Geisteswissenschaften und für die Lexikographie Neuland.

Konsequente Nutzung elektronischer Datenverarbeitung

Nach ersten Jahren mühevoller Erkundungen und zahlreicher Versuche, die den Fortgang der Arbeiten eher behinderten als förderten, begann sich die elektronische Datenverarbeitung zunehmend zu einem wirkungsvollen Instrument zu entwickeln, ohne das eine so breite Materialbasis mit so geringer personeller Ausstattung nicht hätte bearbeitet werden können.

Im Jahr 1975 starb Ernst Ludwig Waeltner unerwartet. 1976 übernahm Michael Bernhard die Leitung der Redaktion, die seit 1987 wieder über eine zweite Mitarbeiterstelle verfügt.

Die jetzt über 700 aufgenommenen Texte umfassen mehr als drei Millionen Wörter. Im Jahre 1993 erschien der erste Faszikel mit den Wortartikeln von A – authentus. Der letzte Faszikel tractus - Z wurde 2016 fertiggestellt. Die insgesamt 3733 Wortartikel wurden von Michael Bernhard, Bernhold Schmid, Christian Berktold, Matthias Hochadel, Daniela v. Aretin (Sadgorski) und Ruth Konstanciak verfasst.
Calvin M. Bower besorgte die Übersetzung der Interpretamente ins Englische.

Übergabe der Bibliothek an das Institut für Musikforschung der Universität Würzburg

Die Bibliothek des Lexicon musicum Latinum umfasst nahezu alle Veröffentlichungen zur Musiktheorie des Mittelalters bis zum Jahr 2016. Hinzu kommt ein Mikrofilmarchiv von über 600 Handschriften sowie eine Datenbank mit allen veröffentlichten lateinischen Musiktraktaten bis zum Jahre 1500. Bibliothek und Datenbank bieten heute eine einzigartige Arbeitsmöglichkeit zur Erforschung der mittelalterlichen Musiktheorie, die weit über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus geschätzt wird.

Mit dem erfolgreichen Abschluss des Projekts gingen Bibliothek und Mikrofilmarchiv an das Institut für Musikforschung der Universität Würzburg (Bruno-Stäblein-Archiv) und können dort eingesehen werden (Ansprechpartner: Dr. Martin Dippon; E-Mail).